Kurz erklärt: Die Eigenbedarfskündigung

Den normalen Wohnraummietvertrag über eine Wohnung kann der Vermieter nicht kündigen ohne ein berechtigtes Interesse. Eine freie Kündigung ist für den Vermieter nicht möglich. Als berechtigtes Interesse sieht das Gesetz das Eigenbedarfsinteresse vor. Danach kann der Vermieter den Wohnungsmietvertrag kündigen, wenn er die Wohnung für sich oder seine Familienangehörigen zum Wohnen benötigt. Dieses Eigenbedarfsinteresse muss ernsthaft und konkret sein. Bloße zukünftige vage Absichten oder reine Vorratskündigungen sind nicht zulässig.

Eigenbedarfskündigungen machen einen Großteil der Gerichtsprozesse an den Amtsgerichten aus. Dabei kann der Richter die Ernsthaftigkeit des Eigenbedarfs überprüfen – auch anhand von Beweiserhebungen. Gleichzeitig muss er jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Recht des Vermieters zur freien Lebensplanung respektieren. Neben der Darlegung der Ernsthaftigkeit des Eigenbedarfs spielt in Gerichtsprozessen um Eigenbedarfskündigungen auch immer wieder der Härtefalleinwand des Mieters eine große Rolle.

Das Gesetz sieht vor, dass der Mieter gegen die Eigenbedarfskündigung Widerspruch erheben und die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verlangen kann, wenn die Kündigung für ihn oder seine Familienangehörigen eine unbillige Härte bedeutet. Hierunter können eine schwere Krankheit, eine hohe Schwangerschaft, aber auch – vorübergehend – die Prüfungsphase im Staatsexamen zählen. Die Eigenbedarfskündigung ist auch nur im Wohnraummietvertrag zulässig. Sie kann aber auch ausdrücklich vertraglich ausgeschlossen sein.

Zu beachten ist der Sonderfall der Umwandlung in Wohneigentum nach Mietvertragsabschluss. Hier kann der Käufer erst drei Jahre nach Erwerb der Wohnung eine Eigenbedarfskündigung aussprechen. In manchen Städten beträgt diese Frist sogar zehn Jahre. Durch diese Kündigungssperrfrist soll die berechtigte Erwartung des Mieters an ein langfristiges Mietverhältnis gewahrt werden, wenn er bei Anmietung mit einem Vermieter den Vertrag abschloss, dem noch alle anderen Wohnungen im Haus gehörten – mithin das Eigenbedarfsrisiko gering war – und später durch die Teilung in Wohneigentum und nach Abverkauf sich das Eigenbedarfsrisiko deutlich erhöht.

Kompetente Beratung von Ihrem Anwalt für Eigenbedarfskündigung in Berlin. Hier erfahren Sie mehr darüber, wie Sie eine Eigenbedarfskündigung aussprechen oder wie Sie sich verhalten können, wenn Sie eine Eigenbedarfskündigung erhalten haben. Die wesentlichen Gerichtsentscheidungen des Bundesgerichtshofs sind hier mit Leitsätzen und nach Themen aufgelistet.

 

Haben Sie konkrete Fragen oder wünschen Sie eine persönliche Beratung zum Thema Eigenbedarfskündigung? Haben Sie selbst eine Eigenbedarfskündigung erhalten? Kontaktieren Sie den Fachanwalt für Mietrecht in Berlin.

Sprechen Sie am Besten gleich mit einem Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht, wenn Sie Fragen zur Eigenbedarfskündigung haben.

Ratgeber: Erklärung der wichtigsten Begriffe

Unser Ratgeber zum Thema Eigenbedarfskündigung Berlin erklärt Ihnen anhand von Begriffen und Beispielen, welche Besonderheiten es bei der Eigenbedarfskündigung zu beachten gibt. Dies gilt sowohl für den Fall, dass Sie als Mieter eine Eigenbedarfskündigung erhalten haben als auch für Mieter, die eine solche aussprechen möchten. Dieser Bereich umfasst selbstverständlich nur eine Auswahl der wichtigsten Begriffe. Für eine individuelle Beratung sprechen Sie uns bitte an.

Ratgeber

Eigenbedarf – Das Wichtigste in Kürze

Eine Eigenbedarfskündigung des Wohnungsmietverhältnisses ist möglich, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst oder für seine Angehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2. Nr. 2 BGB). Kündigt ein Vermieter einen Mietvertrag wegen Eigenbedarf, so muss im Kündigungsschreiben stehen, zu welchem Zweck und für den der Vermieter die Wohnung benötigt. Außerdem ist die Eigenbedarfskündigung für einen Zeitraum von 3 Jahren ausgeschlossen, wenn das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, während der Mietzeit in Eigentumswohnungen umgewandelt wird. In einigen Städten beträgt diese Sperrfrist sogar 10 Jahre. Ist ein Umzug für den Mieter aus gesundheitlichen oder persönlichen Gründen unzumutbar, so kann er von der Härtefallklausel Gebrauch machen und der Kündigung wegen Eigenbedarfs widersprechen. Außerdem kann er Schadenersatz gegenüber dem Vermieter geltend machen, wenn der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war.

Eigenbedarf – Echter Eigenbedarf

Eine Eigenbedarfskündigung des Wohnungsmietverhältnisses ist möglich, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst oder für seine Angehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2. Nr. 2 BGB). Die erste Voraussetzung einer berechtigten Eigenbedarfskündigung ist, dass der Vermieter die Wohnung tatsächlich selbst bewohnen möchte oder diese einem Angehörigen überlassen will. Es reicht auch aus, wenn der Vermieter die Wohnung nur zum Teil als Wohnung benötigt und diese ansonsten gewerblich nutzen will (BGH, 05.10.2005, Az.: VIII ZR 127/05). Dabei muss dem Nutzungswillen eine ernsthafte Absicht zugrunde liegen (BGH, 16.12.2009, Az.: VIII ZR 313/08). Besteht lediglich die Möglichkeit dazu bzw. ist die Absicht des Vermieters ungewiss, so wird die Kündigung bereits dadurch unwirksam. Auch mehrdeutige Absichten und sogenannte „Vorratskündigungen“ führen zur Unwirksamkeit.

Eigenbedarf – Überhöhter Eigenbedarf

Der sogenannte überhöhte Eigenbedarf wurde in der Vergangenheit von Rechtsprechung und Literatur geprägt, wenn es um Sonderfälle ging, in denen der erklärte Eigenbedarfswunsch nach vermeintlich objektiver Betrachtung aller Umstände nicht in Relation steht zu dem Lebensumständen des Vermieters bzw. von dessen Familienangehörigen. Als Beispiel wurde hier immer die 120m² große 4-Zimmer-Wohnung für den Erstsemesterstudenten benannt. Es ist aber insgesamt hier Vorsicht geboten. Der BGH hat wiederholt erklärt, dass die Gerichte die Freiheit der Lebensplanung des Vermieters grundsätzlich zu berücksichtigen haben.

Eigenbedarf – Vorgetäuschter Eigenbedarf

Das Gericht kann überprüfen, ob der Wunsch zur Nutzung der Wohnung für sich selbst oder für Familienangehörige ernsthaft verfolgt wird. Dabei werden die Lebensumstände des Vermieters und die zeitlichen Abläufe rund um die Kündigung überprüft. Dem Lebensplan des Vermieters aber muss das Gericht auch grundsätzlich Respekt entgegen bringen. Etwaige erfolglose Versuche zuvor, den Vertrag zu beenden, sind ein Indiz, dass die später ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nur ein weiteres Mittel ist, um den Mieter loszuwerden, während der Eigenbedarf nicht ernsthaft verfolgt wird.

Sicherlich ist es für den Mieter schwierig darzulegen, dass ein Eigenbedarf tatsächlich vorgetäuscht ist. Denn letztlich geht es immer um den inneren Willen des Vermieters. Indizien für einen vorgetäuschten Eigenbedarf können sein: der Vermieter kündigt dem Mieter nach einem nicht erfolgreichen Mieterhöhungsverlangen; der Vermieter kündigt mehrfach aus verschiedenen Gründen; der Vermieter hat schon einmal Eigenbedarf vorgetäuscht oder einen anderen Eigenbedarfssachverhalt erfolglos geltend gemacht; der Vermieter kündigt nach Sach- oder Rechtstreitigkeiten mit dem Mieter; der Vermieter kennt die Angehörigen gar nicht oder die Angehörigen wissen gar nicht, dass ihnen die Wohnung überlassen werden soll oder ähnliches.

Eigenbedarf – Vorübergehender Eigenbedarf

Schwierig wird es, wenn der Eigenbedarf von vorneherein nur vorübergehend sein soll. Besteht der Eigenbedarfsgrund nur für eine Dauer von wenigen Monaten, so ist dieser wohl als unzulässig anzusehen und die Eigenbedarfskündigung unwirksam. Es wurde von der Rechtsprechung auch eine Eigenbedarfsdauer von 2 Jahren als zu kurz erachtet werden (AG Köln, 19.09.1991, Az.: 215 C 229/91). Freilich handelt es sich hier immer um eine Wertungsfrage. So wurde der Eigenbedarf für einen Sohn des Vermieters für den Zeitraum des Studiums von lediglich 1 ½ Jahren als rechtmäßig erachtet (BGH, 04.03.2015, Az.: VIII ZR 166/14).

Eigenbedarfskündigung aussprechen

Wenn Sie eine Eigenbedarfskündigung aussprechen wollen, gehen Sie wie folgt vor:

Überprüfen Sie gedanklich Ihre aktuelle Lebens- und Wohnsituation. Diese Fragen sollten Sie sich mit ja beantworten können, um für eine Eigenbedarfskündigung ausreichende Gründe zu haben: Besteht der Eigenbedarfswunsch ernsthaft, konkret und aktuell? Gibt es keine gleichwertigen Alternativen?

Bei der Erklärung der Eigenbedarfskündigung müssen Sie die Kündigungsfrist des Mietvertrags beachten. Diese kann je nach Dauer des Mietvertrags drei, sechs oder neun Monate betragen. In manchen Mietverträgen sind auch Kündigungsfristen von zwölf Monaten geregelt.

Es gibt auch Mietverträge, die die Eigenbedarfskündigung ausdrücklich ausschließen. Hier ist eine Eigenbedarfskündigung dann nicht möglich.

Beim Kauf einer vermieteten Wohnung, die Sie selbst beziehen wollen, müssen Sie immer prüfen, ob die Sperrfrist nach Umwandlung in Wohneigentum zu berücksichtigen ist oder nicht. Diese Sperrfrist für eine Eigenbedarfskündigung des Erwerbers beträgt drei Jahre nach Umwandlung in Wohneigentum und erstem Verkauf. Sie kann auch sieben Jahre lang sein.

Verweigert der Mieter den Auszug, muss die Räumungsklage eingereicht werden. In der Regel muss dafür zunächst der Ablauf der Kündigungsfrist abgewartet werden. Eine zu früh erhobene Räumungsklage kann dazu führen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird. Man muss regelmäßig vier bis 7 Monate Prozessdauer anschließend einkalkulieren. Wobei der Mieter auch noch eine Räumungsfrist von bis zu einem Jahr beantragen kann, selbst wenn er zur Räumung verurteilt wird. Sollte die Angelegenheit in die Berufungsinstanz getragen werden, können leicht zwei oder gar drei Jahre vorüber sein nach Ausspruch der Kündigung, bevor eine endgültige richterliche Entscheidung vorliegt.

Die Eigenbedarfskündigung hat bestimmte formelle Anforderungen. Die Erklärung muss deutlich und unmissverständlich erkennen lassen, dass der Vertrag gekündigt wird. Die Kündigung muss den Eigenbedarfswunsch anhand von Angaben zur aktuellen Wohn- und Lebenssituation hinreichend darstellen, sodass der Mieter den Eigenbedarfswunsch nach dem Wortlaut der Kündigung nachvollziehen und überprüfen kann. Die Kündigung muss unterschrieben sein. Sie müssen die Kündigung per Boten oder per Gerichtsvollzieher oder per Einschreiben zustellen lassen. Anderes führt zu erheblichen Risiken beim Nachweis des Zugangs der Kündigung. Besonders nachteilig sind Fehler beim Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung immer deswegen, weil der anschließende Gerichtsprozess sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Fällt der Fehler dann erst zum Ende des Verfahrens hin auf, dann ist der Prozess in der Regel meist verloren. Es müsste dann umständlich noch einmal neu gekündigt werden mitsamt der neu laufenden Kündigungsfrist.

Auch das Kostenrisiko müssen Sie berücksichtigen für den Fall, dass es zum Gerichtsprozess kommt. Der Streitwert selbst ergibt sich aus 12 x Nettokaltmiete. Dieser Streitwert ist die rechnerische Bemessungsgrundlage, nach der sich die Rechtsanwaltsgebühren und die Gerichtskosten orientieren. Sie können selbst überschlägig die Prozesskosten ermitteln über eine der zahlreichen Prozesskostenrechner im Internet, indem Sie den Streitwert eingeben. Das Prozesskostenrisiko wird dann automatisch dargestellt. Bitte beachten Sie, dass die Rechtschutzversicherungen in der Regel nicht die freie vom Vermieter ausgesprochene Eigenbedarfskündigung decken und regulieren. Es fehlt zu diesem Zeitpunkt noch am versicherungsvertraglich relevanten Pflichtenverstoß des Mieters. Die Rechtsschutzversicherung kann erst dann herangezogen werden, wenn der Mieter sich weigert auszuziehen.

Eigenbedarfskündigung des Mietvertrags erhalten

Wenn Sie eine Eigenbedarfskündigung erhalten haben, bewahren Sie Ruhe und verfallen Sie nicht in Panik.

Die kürzeste Kündigungsfrist im Wohnraummietvertrag ist drei Monate. Die Kündigungsfrist verlängert sich bei länger bestehenden Mietverhältnissen auf sechs oder neun Monate. In manchen Mietverträgen sind auch Kündigungsfristen von zwölf Monaten geregelt. Kein Vermieter darf Sie eigenmächtig vor die Tür setzen. Es ist vom Vermieter immer der Rechtsweg zu beschreiten, wenn dieser die Räumung nach Eigenbedarfskündigung durchsetzen will. Die Prozessdauer am Amtsgericht ist in der Regel mit vier bis neun Monaten anzusetzen. Geht man in die Berufungsinstanz, können seit Ausspruch der Kündigung bis zum Abschluss des Verfahrens durchaus zwei Jahre und mehr vergangen sein. Auch im Fall der Verurteilung zur Räumung kann eine Räumungsfrist beantragt werden. Insoweit droht in der Regel nicht der kurzfristige Verlust der Wohnung, bevor man etwas anderes gefunden hat, auch wenn die Eigenbedarfskündigung berechtigt sein sollte.

Sie können die Kündigung prüfen: Ist sie unterschrieben und per Post gekommen oder nur per E-Mail? Ist die Eigenbedarfskündigung unterschrieben? Stimmen Vermieter und diejenige Person, die das Kündigungsschreiben unterschrieben hat, überein? Liegt gegebenenfalls eine Originalvollmacht anbei? Wird das Eigenbedarfsinteresse hinreichend transparent und nachvollziehbar dargestellt? Viele Eigenbedarfskündigungen halten diese formellen Anforderungen bereits nicht ein und können deshalb unwirksam sein.

Daneben ist zu prüfen: Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Eigenbedarfskündigung nicht ernsthaft ist? Haben Sie einen Grund für den Härtefalleinwand gegen die Kündigung und können Sie daher die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verlangen?

Natürlich müssen Sie auch das Kostenrisiko berücksichtigen für den Fall, dass es zum Gerichtsprozess kommt. Der Streitwert selbst ergibt sich aus 12 x Nettokaltmiete. Dieser Streitwert ist die rechnerische Bemessungsgrundlage, nach der sich die Rechtsanwaltsgebühren und die Gerichtskosten orientieren. Sie können selbst überschlägig die Prozesskosten ermitteln über eine der zahlreichen Prozesskostenrechner im Internet, indem Sie den Streitwert eingeben. Das Prozesskostenrisiko wird dann automatisch dargestellt. Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung als Mieter haben, dann müssen Sie sich um die Kosten keine Sorgen machen. Diese übernimmt dann die Rechtsschutzversicherung. Problematisch ist es, wenn Sie nicht rechtsschutzversichert sind. In der Regel ist es nicht möglich, einen bereits eingetretenen Fall nachträglich zu versichern. Bei Eigenbedarfskündigungen gibt es aber auch manche Rechtsschutzversicherungen, die auch nachträglich Versicherungsschutz gewähren. Dies kann hilfreich sein.

Familienangehörige

Zu dem Personenkreis der Angehörigen können neben den Familienangehörigen auch Haushaltsangehörige zählen. Die Familienangehörigen schließen dabei die engere Verwandtschaft ein. Dies gilt in erster Linie für den Eigenbedarf der Eltern, der Kinder und der Geschwister. Natürlich auch für Ehegatten und Lebenspartner. Für den weiteren Verwandtschaftskreis (z. B. die Cousine des Vermieters) bedarf es zusätzlich einem besonderen persönlichen Verhältnisses (LG Braunschweig, 31.01.1994, Az.:7 S 61/93). Haushaltsangehörige müssen hingegen schon seit längerer Zeit im Haushalt des Vermieters leben (vgl. BayObLG, 02.03.1982, Allg. Reg. 115/81).

Härtefall

Ein Härtefall für den Mieter liegt nach § 574 Abs. 1 BGB vor, wenn eine Eigenbedarfskündigung für die Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts des Mieters eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Eine besondere Härte liegt des Weiteren nach § 574 Abs. 3 BGB vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Hierzu gehören in der Regel nur außergewöhnliche Umstände, die eine Räumung missbilligenswert erscheinen lassen, wie etwa sehr schwere Krankheit und hohes Alter des Mieters, oder vorübergehend die Schwangerschaft oder aber auch die Prüfungszeit im Staatsexamen. Aus anwaltlicher Praxis ist davon abzuraten, für sich voreilig einen Härtefall anzunehmen. Die Rechtsprechung hat hier in den letzten Jahren die Anforderungen an die Darlegung eines Härtefalles deutlich erhöht.

Kündigung

Die Eigenbedarfskündigung hat bestimmte formelle Anforderungen. Die Erklärung muss deutlich und unmissverständlich erkennen lassen, dass der Vertrag gekündigt wird. Die Kündigung muss den Eigenbedarfswunsch anhand von Angaben zur aktuellen Wohn- und Lebenssituation hinreichend darstellen, sodass der Mieter den Eigenbedarfswunsch nach dem Wortlaut der Kündigung nachvollziehen und überprüfen kann. Die Kündigung muss unterschrieben sein. Die Kündigung muss nachweisbar dem Mieter zugehen. Sind mehrere Mieter vorhanden, muss sich die Kündigung an alle Mieter richten. Sind mehrere Vermieter im Vertrag benannt, müssen alle zusammen kündigen.

Kündigung im Mischmietverhältnis

Es reicht aus, wenn der Vermieter die Wohnung nur zum Teil als Wohnung benötigt und diese ansonsten gewerblich nutzen will (BGH, 05.10.2005, Az.: VIII ZR 127/05). Nach Ansicht des BGH, ist ein Interesse wegen Gewerbebedarfs auf Grund der Gewährleistung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG nicht geringer als das Interesse eines Wohnraum-Eigenbedarfs zu stellen (BGH, Beschluss vom 05.10.2005, Az.: VIII ZR 127/05). Diese Entscheidung bezog sich damals auf die überwiegende Nutzung der Räume als Gewerbe, welche zum Teil aber auch als Wohnraum dienen sollten.

Kündigung wegen Betriebsbedarfs

Nach Ansicht des BGH, ist ein Interesse wegen Gewerbebedarfs auf Grund der Gewährleistung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG nicht geringer als das Interesse eines Wohnraum-Eigenbedarfs zu stellen (BGH, Beschluss vom 05.10.2005, Az.: VIII ZR 127/05). Diese Entscheidung bezog sich damals auf die überwiegende Nutzung der Räume als Gewerbe, welche zum Teil aber auch als Wohnraum dienen sollten. Durch die weitergehende Rechtsprechung des BGH ist heute sogar die ausschließliche Nutzung der Räume als Gewerbe als Kündigungsgrund anerkannt (BGH, 26.09.2012, Az.: VIII ZR 330/11). Dies gilt sogar, wenn der Vermieter die Wohnung nicht selbst als Gewerbe benötigt, sondern auch dann, wenn „nur“ ein Familienangehöriger des Vermieters die Räume gewerblich benötigt. In diesem Fall bewohnte der Vermieter zusätzlich selbst eine Wohnung des Hauses und machte den Gewerbebedarf für einen Angehörigen geltend, welcher in der Wohnung eine Anwaltskanzlei eröffnen wollte. Nach dem Wortlaut des Urteils sei das Gewerbebedarfsinteresse dem Eigenbedarfsinteresse „artverwandt“ und dies gelte „umso mehr“, wenn der Vermieter das Haus selbst bewohnt.

Kündigungsausschluss

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist grundsätzlich im Wohnraummietrecht zulässig. Es ist ebenso anerkannt, dass auch derjenige, der eine vermietete Wohnung kauft, Eigenbedarf anmelden kann. Ein Ausschluss der Eigenbedarfskündigung kann jedoch auch vertraglich vereinbart werden. Darüber hinaus ist die Kündigungssperrfrist zu beachten, wenn nach Mietvertragsabschluss Wohneigentum begründet und die Wohnung verkauft wird. Der Käufer kann dann vor Ablauf von drei Jahren nicht wegen Eigenbedarfs kündigen. In einigen Städten beträgt die Sperrfrist zehn Jahre.

Nachträglicher Wegfall des Eigenbedarfs

Entfällt der Eigenbedarfsgrund vor Ausspruch der Kündigung, so ist die Kündigung unwirksam anzusehen. Fällt der Grund jedoch erst nach Ausspruch der Kündigung weg, so ist zu differenzieren: Ist der Grund der Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist entfallen, so ist nach Ansicht der neueren Rechtsprechung die Kündigung als wirksam anzusehen (BGH, 09.11.2005, Az.: VIII ZR 339/04). Nach einer anderen Ansicht kommt es auf den letzten Termin der mündlichen Verhandlung in einem Räumungsprozess an (OLG Karlsruhe, 22.04.1993, Az.: 11 U 60/92). Ebenso wird vertreten, dass auf den Ablauf einer gerichtlich gewährten Räumungsfrist ankommt. Eine weitere Ansicht stellt auf den Zeitpunkt des Auszugs des Mieters ab (Blank, NJW 2006, 739).

Sobald dem Vermieter der Wegfall des Eigenbedarfsgrundes bekannt ist, hat er den gekündigten Mieter darüber zu informieren. Ein Festhalten an der Kündigung kann dann rechtsmissbräuchlich sein. Ein Wegfall des Eigenbedarfs kann auch dann eintreten, wenn eine vergleichbare und den Anforderungen des Vermieters entsprechende Wohnung demnächst frei wird.

Schadenersatz

Der vorgetäuschte Eigenbedarf stellt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB dar (Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 573 BGB, Rn. 77). Hat der Vermieter diese Pflichtverletzung kausal und schuldhaft begannen, wobei die Schuldhaftigkeit auch auf Fahrlässigkeit beruhen kann, so ist der Vermieter zum Ersatz der daraus für den Mieter entstandenen Schäden verpflichtet. So verhält es sich auch, wenn die Absicht des Vermieters ungewiss bleibt. Zum Schadenersatz können zählen: die Kosten für einen Rechtsanwalt, der mit der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung beauftragt wurde und alle mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Kosten (Umzugskosten, Renovierungskosten, Maklerkosten, Kosten für die Ummeldung des Telefons sowie Aufwendungsersatz für aufgewendete Urlaubszeit sowie die Mehrkosten, die durch die Anmietung einer Wohnung gleichen Wohnwertes, gleicher Qualität und gleicher Ausstattung wie die geräumte Wohnung entstehen (vgl. LG Berlin, Urteil vom 24.06.1988 -64 S 30/88).

Schließlich muss der Vermieter ggfs. die Kosten eines Rechtsstreites tragen, der aufgrund einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung eingeleitet wurde.

Verwertungskündigung

Die Verwertungskündigung ist zulässig, wenn die Fortsetzung des Mietverhältnisses den Vermieter an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung hindern würde und der Vermieter dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Hierher gehören Fälle wie der beabsichtigte Abriss des Gebäudes oder der komplette Umbau nebst Veränderung der Wohnungsaufteilung. Kann der Vermieter konkret nachweisen, dass er beim Verkauf im vermieteten Zustand erheblich weniger Verkaufserlös erzielen kann als im vermieteten Zustand, so kann im Einzelfall auch dann eine Verwertungskündigung für zulässig erachtet werden. Allerdings muss der Vermieter hierfür alle Umstände darlegen und beweisen, dass die Vermietung die angemessene wirtschaftliche Verwertung verhindert und dadurch erhebliche Nachteile für ihn entstehen. Die bloße Behauptung oder Annahme, dass eine nichtvermietete Wohnung besser verkäuflich sei als eine vermietete Wohnung, reicht hierfür nicht aus.

Sprechen Sie am Besten gleich mit einem Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht, wenn Sie Fragen zur Eigenbedarfskündigung haben.

Rechtsprechung des BGH zu Eigenbedarfskündigungen

Zum Thema Eigenbedarfskündigung Berlin finden Sie an dieser Stelle aktuelle Urteile des Bundesgerichtshofes. Diese können bei ähnlich gelagerten Fällen als Orientierung dienen, wenn Sie als Mieter eine Eigenbedarfskündigung erhalten haben oder als Vermieter eine Eigenbedarfskündigung aussprechen möchten. Natürlich finden Sie hier nur eine Auswahl an Entscheidungen. Sollten Sie nichts finden, was Ihrem speziellen Fall entspricht, so zögern Sie nicht, Kontakt mit uns aufzunehmen. Wir beraten Sie gern, individuell und mit viel Erfahrung.

Rechtsprechung

Sperrfrist

Wohnungseigentum ist auch dann „nach der Überlassung an den Mieter“ im Sinne des § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB a.F. begründet worden, wenn der Mieter, dem gekündigt wurde, zur Zeit der Begründung des Wohnungseigentums als Angehöriger in der Wohnung lebte und mit dem Tode des damaligen Mieters kraft Gesetzes in das Mietverhältnis eingetreten ist. Der Angehörige rückt auch bezüglich der Wartefrist, die der Vermieter für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs zu beachten hat, in die Rechtsposition des verstorbenen Mieters ein.

BGH, Urteil vom 9. Juli 2003 – VIII ZR 26/03

Die Kündigungsbeschränkung des § 577a BGB bei Umwandlung von vermieteten Wohnräumen in Wohnungseigentum gilt nur für Eigenbedarfs- oder Verwertungskündigungen (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB) und ist auf andere Kündigungsgründe im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht analog anwendbar.

BGH, Urteil vom 11. März 2009 – VIII ZR 127/08

Schadenersatzprozess

Zur Darlegungs- und Beweislast im Schadensersatzprozeß des Mieters wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung.

BGH, Urteil vom 18. Mai 2005 – VIII ZR 368/03

Wegfall des Eigenbedarfs nach der Kündigung

Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt und fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg, so ist dies nur dann zu berücksichtigen, wenn der Grund vor dem Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist; in diesem Fall ist der Vermieter zu einer entsprechenden Mitteilung an den Mieter verpflichtet.

BGH, Urteil vom 09. November 2005 – VIII ZR 339/04

Schriftlicher Verzicht auf Eigenbedarfskündigung

Ein Verzicht des Vermieters auf das Recht, das Wohnraummietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, bedarf – wie der gesamte Mietvertrag – gemäß § 550 Satz 1 BGB der Schriftform, wenn der Verzicht für mehr als ein Jahr gelten soll.

BGH, Urteil vom 04. April 2007 – VIII ZR 223/06

Kein Eigenbedarf einer Kommanditgesellschaft

a) Eine Kommanditgesellschaft (KG) kann Wohnräume weder als „Wohnung für sich“ noch für Familien- oder Haushaltsangehörige benötigen. Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kommt bereits begrifflich nicht in Betracht.

b) Ein berechtigtes Interesse einer KG an der Beendigung des mit einem Betriebsfremden abgeschlossenen Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nur dann, wenn das Wohnen ihres Mitarbeiters gerade in dieser Wohnung nach seiner betrieblichen Funktion und Aufgabe für den Betriebsablauf von nennenswertem Vorteil ist (vgl. auch Senatsurteil vom 23. Mai 2007, VIII ZR 122/06).

BGH, Urteil vom 23. Mai 2007 – VIII ZR 113/06

Eigenbedarfskündigung durch GbR

Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist grundsätzlich auch wegen des Eigenbedarfs eines Gesellschafters zulässig, sofern dieser bereits bei Abschluss des Mietvertrages Gesellschafter war.

BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 271/06

Vorkaufsrecht und Sperrfrist bei Grundstücksteilung

Die für die Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnräumen geltenden Bestimmungen der §§ 577, 577a BGB (Vorkaufsrecht des Mieters, Kündigungsbeschränkungen zu Lasten des Erwerbers) finden auf die Realteilung eines mit zu Wohnzwecken vermieteten Einfamilienhäusern bebauten Grundstücks entsprechende Anwendung.

BGH, Urteil vom 28. Mai 2008 – VIII ZR 126/07

Anbietpflicht

Die Pflicht des wegen Eigenbedarfs kündigenden Vermieters, dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage liegende Wohnung, die vermietet werden soll, anzubieten, beschränkt sich auf Wohnungen, die dem Vermieter zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehen; eine Wohnung, die zwar vor Ablauf der Kündigungsfrist für die wegen Eigenbedarfs gekündigte Wohnung gekündigt worden ist, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt frei werden soll, wird von dieser Anbietpflicht nicht erfasst (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. Juli 2003, VIII ZR 311/02, WuM 2003, 463).

BGH, Urteil vom 04. Juni 2008 – VIII ZR 292/07

a) Geschwister sind kraft ihres nahen Verwandtschaftsverhältnisses privilegierte Angehörige des Vermieters im Sinne von § 564 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB a.F. (jetzt:§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

b) Kündigt der Vermieter eine vermietete Wohnung wegen Eigenbedarfs, so hat er dem Mieter eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage ihm zur Verfügung stehende Wohnung, die vermietet werden soll, zur Anmietung anzubieten. Auf andere Wohnungen erstreckt sich die Anbietpflicht nicht.

c) Kommt der Vermieter seiner Anbietpflicht nicht nach, so ist die Kündigung wegen Rechtsmißbrauchs unwirksam.

BGH, Urteil vom 9. Juli 2003 – VIII ZR 276/02 ; vgl. auch BGH, Urteil vom 09. Juli 2003 – VIII ZR 311/02

a) Dem Zweck des nach § 573 Abs. 3 BGB bestehenden Begründungserfordernisses wird bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich durch die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, genügt (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, zuletzt Urteil vom 23. September 2015, VIII ZR 297/14, NJW 2015, 3368 Rn. 11 f. mwN). Dagegen muss die Begründung keine Ausführungen zu Räumlichkeiten enthalten, die für den Begünstigten alternativ als Wohnraum in Betracht kommen könnten.

b) Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Wahrunterstellung gehört es, dass die unter Beweis gestellte Behauptung so übernommen wird, wie die Partei sie aufgestellt hat. Das bedingt bei abwägungsrelevanten Umständen, dass diese grundsätzlich auch mit dem ihnen vom Behauptenden beigelegten Gewicht als wahr unterstellt werden (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 11. Oktober 2016, VIII ZR 300/15, NZM 2017, 23 Rn. 15).

BGH, Urteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 270/15

Eigenbedarfskündigung bei Vertragsfortsetzung

a) Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine auf Eigenbedarf gestützte Kündigung des Vermieters mit der Begründung abgewiesen wird, die Kündigung sei im Hinblick darauf, dass der Mieter bei Abschluss des Mietvertrags nicht auf den bereits absehbaren Eigenbedarf hingewiesen worden sei, „jedenfalls zum fraglichen Zeitpunkt rechtsmissbräuchlich“, steht einer erneuten Eigenbedarfskündigung nicht entgegen.

b) Weist der Vermieter anlässlich der Novation eines langjährigen Mietvertrags nicht auf einen möglichen Eigenbedarf für seine heranwachsende Tochter hin, steht einer Kündigung des Vermieters, mit der das Mietverhältnis zum Ablauf von rund vier Jahren nach der Erneuerung des Mietvertrags beendet werden soll, nicht der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegen.

BGH, Urteil vom 21. Januar 2009 – VIII ZR 62/08

Schadensersatz nach Einigung über Auszug bei vorgetäuschtem Eigenbedarf

a) Einem Mieter, der auf eine Kündigung wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs hin auszieht, stehen Schadensersatzansprüche wegen unberechtigter Kündigung auch dann zu, wenn die Kündigung zwar formell unwirksam ist, der Vermieter ihm den Eigenbedarf aber schlüssig dargetan und er keine Veranlassung hatte, die Angaben des Vermieters in Zweifel zu ziehen.

b) Darf der Mieter das Räumungsverlangen des Vermieters materiell für berechtigt halten, wird sein Schadensersatzanspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er – in der Vorstellung, zur Räumung des Mietobjekts verpflichtet zu sein – sich mit dem Vermieter auf eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses einigt.

BGH, Urteil vom 08. April 2009 – VIII ZR 231/07

Kündigung durch GbR nach Umwandlung in Wohneigentum

Auf eine Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters findet die Kündigungsbeschränkung des § 577a BGB keine Anwendung, wenn nach der Kündigung Wohnungseigentum der Gesellschafter begründet wird. Das gilt auch dann, wenn die Gesellschaft das Wohnanwesen zu dem Zweck erworben hat, die vorhandenen Wohnungen in Wohnungseigentum der Gesellschafter umzuwandeln.

BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – VIII ZR 231/08

Schadensersatzklage auf Wiedereinräumung des Besitzes nach Eigenbedarfskündigung

Einer Schadensersatzklage des Mieters gegen den Vermieter auf Wiedereinräumung der Besitz- und Mietrechte an der ehemaligen Wohnung, die der Mieter nach einer Eigenbedarfskündigung des Vermieters geräumt hat, kann nach Veräußerung der Wohnung durch den Vermieter nicht stattgegeben werden, ohne dass geklärt wird, ob dem Vermieter die Wiedereinräumung dieser Rechte noch möglich ist.

BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 – VIII ZR 313/08

Zum Begriff Familienangehörige für Eigenbedarf

Leibliche Nichten und Neffen des Vermieters sind kraft ihres nahen Verwandtschaftsverhältnisses zum Vermieter Familienangehörige im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Fortführung des Senatsurteils vom 9. Juli 2003, VIII ZR 276/02, NJW 2003, 2604).

BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 – VIII ZR 159/09

Sperrfrist bei Realteilung

a) Die für die Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnräumen geltenden Bestimmungen der §§ 577, 577a BGB finden auch auf die Realteilung eines mit zu Wohnzwecken vermieteten Zweifamilienhäusern bebauten Grundstücks entsprechende Anwendung (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. Mai 2008, VIII ZR 126/07, NZM 2008, 569).

b) Eine analoge Anwendung der Kündigungssperrfrist des § 577a BGB auf eine auf § 573a BGB gestützte Kündigung kommt mangels Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht.

BGH, Urteil vom 23. Juni 2010 – VIII ZR 325/09

Eigenbedarf durch Personenhandelsgesellschaft

Eine Personenhandelsgesellschaft kann ein Wohnraummietverhältnis nicht wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen.

BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 – VIII ZR 210/10

Angabe der Kündigungsgründe

Die Angabe der Gründe für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses ist eine bloße Obliegenheit des Vermieters, aus deren Verletzung der Mieter keine Schadensersatzansprüche (hier: Kosten eines außergerichtlich eingeschalteten Anwalts) herleiten kann.

BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 – VIII ZR 9/10

Kündigung durch GbR für Gesellschafter nach Umwandlung

a) Wird eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses und Vermieterin der Wohnungen dieses Anwesens ist, unter Bildung von Wohnungseigentum und Eintragung der einzelnen Gesellschafter als Eigentümer der jeweils zugewiesenen Wohnungen auseinandergesetzt, tritt der neue Eigentümer in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

b) Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann sich auf einen in der Person eines Gesellschafters bestehenden Eigenbedarf auch dann berufen, wenn dieser der Gesellschaft bei Abschluss des Mietvertrags oder bei Eintritt der Gesellschaft in einen bestehenden Mietvertrag noch nicht angehörte (Aufgabe Senatsurteil vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 271/06).

BGH, Urteil vom 23. November 2011 – VIII ZR 74/11

Berechtigtes Interesse des Vermieters

a) Der generalklauselartige Kündigungstatbestand in § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ist gleichgewichtig mit den in § 573 Abs. 2 BGB genannten Kündigungsgründen (im Anschluss an BVerfG, 8. Oktober 1991, 1 BvR 1324/90, NJW 1992, 105, 106 zu § 564a BGB aF; BGH, Urteile vom 23. Mai 2007, VIII ZR 122/06, NJW-RR 2007, 1460 Rn. 13 und vom 23. Mai 2007, VIII ZR 113/06, WuM 2007, 459 Rn. 13).

b) § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB verwehrt es dem Vermieter nicht, auch Umstände aus dem Interessenbereich dritter Personen insoweit zu berücksichtigen, als sich aus ihnen aufgrund eines familiären, wirtschaftlichen oder rechtlichen Zusammenhangs auch ein eigenes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ergibt.

c) Auch bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts kann ein dem Kündigungsgrund des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB „artverwandtes“ Interesse vorhanden sein.

BGH, Urteil vom 09. Mai 2012 – VIII ZR 238/11

Kündigung wegen Betriebsbedarfs

Auch wenn der Vermieter, der eine andere Wohnung in demselben Haus bewohnt, die vermietete Wohnung nicht nur überwiegend, sondern ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit nutzen will, ist das hierdurch begründete Interesse gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB an der Beendigung des Mietverhältnisses den in § 573 Abs. 2 BGB beispielhaft aufgeführten gesetzlichen Kündigungsgründen gleichwertig (Fortführung von BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2005, VIII ZR 127/05, NZM 2005, 943).

BGH, Versäumnisurteil vom 26. September 2012 – VIII ZR 330/11

Kündigung wegen Betriebsbedarfs
a) Eine Kündigung wegen „Betriebsbedarfs“ nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass betriebliche Gründe die Nutzung gerade der gekündigten Wohnung notwendig machen. Die Wohnung muss deshalb für die betrieblichen Abläufe nach den Aufgaben der Bedarfsperson von wesentlicher Bedeutung sein. Dies wird etwa bei einem Angestellten, dem die Aufgaben eines „Concierge“ übertragen sind, der Fall sein, nicht aber bei einem Hausmeister, der mehrere Objekte des Vermieters betreuen soll und ohnehin bereits in der Nähe eines der Objekte wohnt (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. Mai 2007, VIII ZR 122/06, NZM 2007, 639 Rn. 12 ff.).

b) Zu den Anforderungen an die tatrichterliche Würdigung des Parteivortrags und des Beweisergebnisses, wenn der nach einer Bedarfskündigung ausgezogene Mieter Schadensersatz wegen vorgetäuschtem Bedarf im Hinblick darauf begehrt, dass der Vermieter den zur Grundlage der Kündigung gemachten behaupteten Bedarf anschließend nicht verwirklicht hat.

BGH, Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 44/16

Entstehen des Eigenbedarfs kurz nach Vertragsbeginn

Eine Kündigung von Wohnraum wegen Eigenbedarfs für einen Familienangehörigen ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Eigenbedarf zwar nur kurze Zeit nach Abschluss des Mietvertrages entstanden ist, bei Abschluss des Mietvertrages aber noch nicht absehbar war.

BGH, Urteil vom 20. März 2013 – VIII ZR 233/12

Befristung oder Kündigungsausschluss

Zur ergänzenden Vertragsauslegung im Falle der Unwirksamkeit einer Befristung des Mietvertrags.

BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 -VIII ZR 388/12

Vertragliche Erhöhung der gesetzlichen Anforderungen für Eigenbedarf

Durch eine mietvertragliche Bestimmung, der zu Folge der Vermieter das Mietverhältnis „nur in besonderen Ausnahmefällen unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen kann, wenn wichtige berechtigte Interessen des Vermieters eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen“, wird dem Mieter ein gegenüber den gesetzlichen Vorschriften erhöhter Bestandsschutz eingeräumt. Für eine Kündigung genügt dann das in § 573 Abs. 2 BGB genannte berechtigte Interesse des Vermieters nicht.

BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 – VIII ZR 57/13

Befristung und Kündigungsausschluss

Erweist sich die Vereinbarung eines Zeitmietvertrags als unwirksam, weil die nach § 575 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann dem bei Vertragsschluss bestehenden Willen der Mietvertragsparteien, das Mietverhältnis nicht vor Ablauf der vorgesehenen Mietzeit durch ordentliche Kündigung nach § 573 BGB zu beenden, im Einzelfall dadurch Rechnung getragen werden, dass im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der unwirksamen Befristung ein beiderseitiger Kündigungsverzicht tritt, der eine ordentliche Kündigung frühestens zum Ablauf der (unwirksam) vereinbarten Mietzeit ermöglicht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 10. Juli 2013, VIII ZR 388/12, NJW 2013, 2820).

BGH, Versäumnisurteil vom 11. Dezember 2013 – VIII ZR 235/12

Anforderungen an eine Kündigung wegen Eigenbedarf

Zu den Anforderungen an die Begründung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs.

BGH, Urteil vom 30. April 2014 -VIII ZR 284/13

Eigenbedarfskündigung im Mischmietverhältnis

a) Ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnräume und Geschäftsräume ist zwingend entweder als Wohnraummietverhältnis oder als Mietverhältnis über andere Räume zu bewerten. Für die rechtliche Einordnung ist entscheidend, welche Nutzungsart nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt (insoweit Bestätigung von BGH, Urteil vom 16. April 1986, VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877). Dabei ist maßgebend auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei der Tatrichter beim Fehlen ausdrücklicher Abreden auf Indizien zurückgreifen kann.

b) Der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, lässt keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt zu (insoweit Aufgabe von BGH, Urteil vom 16. April 1986, VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877).

c) Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen, ist im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des Mieters von der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen (insoweit Fortführung von BGH, Urteil vom 16. April 1986, VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877).

BGH, Urteil vom 09. Juli 2014 – VIII ZR 376/13

Bei einem einheitlichen Mischmietverhältnis, das wegen überwiegender Wohnnutzung als Wohnraummietverhältnis anzusehen ist, braucht sich ein vom Vermieter geltend gemachter Eigenbedarf nur auf die Wohnräume zu beziehen.

BGH, Urteil vom 01. Juli 2015 – VIII ZR 14/15

Eigenbedarf bei Vertragsbeginn schon absehbar

a) Der Vermieter, der eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen, setzt sich mit einer später hierauf gestützten Eigenbedarfskündigung zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch, wenn er den Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, bei Vertragsschluss nicht über die Aussicht einer begrenzten Mietdauer aufklärt. Die ausgesprochene Eigenbedarfskündigung ist in diesen Fällen wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. Januar 2009, VIII ZR 62/08, NJW 2009, 1139; Beschluss vom 6. Juli 2010, VIII ZR 180/09, WuM 2010, 512).

b) Der Vermieter ist weder verpflichtet, von sich aus vor Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags unaufgefordert Ermittlungen über einen möglichen künftigen Eigenbedarf anzustellen (sogenannte “Bedarfsvorschau“) noch den Mieter ungefragt über mögliche oder konkret vorhersehbare Eigenbedarfssituationen zu unterrichten (Fortführung von BGH, Urteil vom 20. März 2013, VIII ZR 233/12, NJW 2013, 1596).

c) Daher liegt kein Rechtsmissbrauch vor, wenn der Vermieter einen unbefristeten Mietvertrag wegen eines nach Vertragsschluss entstandenen Eigenbedarfs kündigt und das Entstehen dieses Eigenbedarfs für ihn zwar im Rahmen einer “Bedarfsvorschau“ erkennbar gewesen wäre, er jedoch bei Vertragsabschluss eine solche Kündigung nicht zumindest erwogen hat.

d) Etwas anderes hat allerdings dann zu gelten, wenn der Vermieter anlässlich des Vertragsabschlusses von sich aus oder auf Fragen des Mieters vorsätzlich unrichtige Angaben über den derzeitigen Stand ihm bekannter, für die Beurteilung einer Eigenbedarfssituation maßgebender Tatsachen gemacht hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 20. März 2013, VIII ZR 233/12, NJW 2013, 1596).

BGH, Urteil vom 04. Februar 2015 – VIII ZR 154/14

Lebensplanung des Vermieters und überhöhter Eigenbedarf

a) Die Gerichte haben grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen sieht. Sie sind daher nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen (im Anschluss an BVerfG, 14. Februar 1989, 1 BvR 308/88, BVerfGE 79, 292, 304 f.; BVerfG, 26. Mai 1993, 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1, 9; BVerfG, 2. Februar 1994, 1 BvR 1422/93, NJW 1994, 995; BVerfG, 20. Februar 1995, 1 BvR 665/94, NJW 1995, 1480, 1481; BVerfG, 20. Mai 1999, 1 BvR 29/99, NJW-RR 1999, 1097, 1098).

b) Der vom Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf ist nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfen. Rechtsmissbräuchlich ist nicht schon der überhöhte, sondern erst der weit überhöhte Wohnbedarf. Die Wertung, ob der geltend gemachte Wohnbedarf weit überhöht ist, haben die Gerichte unter Abwägung der beiderseitigen Interessen anhand objektiver Kriterien unter konkreter Würdigung der Einzelfallumstände zu treffen (im Anschluss an BVerfG, 8. Januar 1985, 1 BvR 792/83, BVerfGE 68, 361, 373 f.; BVerfG, 19. März 1993, 1 BvR 1714/92, NJW 1993, 1637, 1638; BVerfG, 30. Juni 1993, 2 BvR 459/93, WuM 1993, 380, 384; BVerfG, 2. Februar 1994, 1 BvR 1422/93, NJW 1994, 995, 996; BVerfG, 30. Juni 1994, 1 BvR 2048/93, NJW 1994, 2605, 2606; BVerfG, 20. Februar 1995, 1 BvR 665/94, NJW 1995, 1480 f.).

c) Es lassen sich keine Richtwerte (etwa Wohnfläche) aufstellen, ab welcher Grenze bei einem Alleinstehenden von einem weit überhöhten Wohnbedarf auszugehen ist. Denn diese Beurteilung hängt nicht allein von der in Anspruch genommenen Wohnfläche oder der Anzahl der Räume ab, sondern von einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls.

d) Macht sich der Vermieter den (ernsthaften) Wunsch eines alleinstehenden volljährigen Familienangehörigen zu eigen, einen eigenen Hausstand zu gründen und mit einem (langjährigen) Freund eine Wohngemeinschaft (keine Lebensgemeinschaft) zu bilden, und bemisst er auf dieser Grundlage den aus seiner Sicht angemessenen Wohnbedarf, ist diese Entscheidung von den Gerichten grundsätzlich anzuerkennen.

BGH, Urteil vom 04. März 2015 – VIII ZR 166/14

Schadensersatzklage bei vorgetäuschtem Eigenbedarf und nach Einigung

a) Der Vermieter ist im Falle der Vortäuschung von (Eigen-)Bedarf – wie auch sonst bei einer schuldhaften (materiell) unberechtigten Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses – dem Mieter gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet (Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteile vom 8. April 2009, VIII ZR 231/07, NJW 2009, 2059 Rn. 11 mwN; vom 13. Juni 2012, VIII ZR 356/11, juris Rn. 10; Beschluss vom 7. September 2011, VIII ZR 343/10, WuM 2011, 634 Rn. 3).

b) Ob ein Räumungsvergleich den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-)Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden unterbricht, ist im Wege der Auslegung des Vergleichs und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls danach zu beurteilen, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war. Nur dann, wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, fehlt es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang (Fortführung von BGH, Beschluss vom 7. September 2011, VIII ZR 343/10, aaO).

c) An das Vorliegen des Willens des Mieters, auf etwaige Ansprüche gegen den Vermieter wegen eines nur vorgetäuschten (Eigen-)Bedarfs zu verzichten, sind strenge Anforderungen zu stellen; der Verzichtswille muss – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände – unmissverständlich sein (Anschluss an und Fortführung von BGH, Urteile vom 21. November 2006, VI ZR 76/06, NJW 2007, 368 Rn. 9; vom 26. Oktober 2009, II ZR 222/08, NJW 2010, 64 Rn. 18; vom 18. September 2012, II ZR 178/10, WM 2012, 2231 Rn. 22; vom 22. April 2015, IV ZR 504/14, juris Rn. 15).

d) Für einen stillschweigenden Verzicht des Mieters auf die vorgenannten Ansprüche bedarf es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen (Fortführung von BGH, Urteile vom 11. Oktober 2000, VIII ZR 276/99, juris Rn. 18; vom 20. September 2006, VIII ZR 100/05, WM 2007, 177 Rn. 22; Beschluss vom 19. September 2006, X ZR 49/05, juris Rn. 27). Derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung – wie etwa einer namhaften Abstandszahlung – verpflichtet.

BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 – VIII ZR 99/14

Eigenbedarfskündigung bei unkonkreter zukünftiger Nutzung

Ein – auf vernünftige, nachvollziehbare Gründe gestützter – Eigennutzungswunsch rechtfertigt die Kündigung des Mietverhältnisses nur dann, wenn er vom Vermieter auch ernsthaft verfolgt wird und bereits hinreichend bestimmt und konkretisiert ist. Eine bislang nur vage oder für einen späteren Zeitpunkt verfolgte Nutzungsabsicht rechtfertigt eine Eigenbedarfskündigung (noch) nicht.

BGH, Urteil vom 23. September 2015 – VIII ZR 297/14

Vorgetäuschter Eigenbedarf

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter seit längerem Verkaufsabsichten hegt und der von ihm benannten Eigenbedarfsperson den Wohnraum in der – dieser möglicherweise nicht offenbarten – Erwartung zur Miete überlässt, diese im Falle eines doch noch gelingenden gewinnbringenden Verkaufs ohne Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können.

BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – VIII ZR 214/15

Vorratskündigung

a) Für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB reicht eine sogenannte Vorratskündigung, der ein gegenwärtig noch nicht absehbarer Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson zugrunde liegt, nicht aus (Bestätigung von BGH, Urteile vom 23. September 2015, VIII ZR 297/14, NJW 2015, 3368; vom 18. Mai 2005, VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395). Vielmehr muss sich der Nutzungswunsch so weit „verdichtet“ haben, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 23. September 2015, VIII ZR 297/14, aaO).

b) Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat um, so liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen ist. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel („stimmig“) darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Hierbei sind strenge Anforderungen zu stellen. Erst wenn der Vortrag des Vermieters diesem Maßstab genügt, obliegt dem Mieter der Beweis, dass ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestand (Bestätigung von BGH, Urteil vom 18. Mai 2005, VIII ZR 368/03, aaO).

[c)] Die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung ist nicht auf den Umfang beschränkt, in dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt. Daher hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Überzeugungsbildung nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen. Vielmehr können sich Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Bewertungen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergeben (im Anschluss an BGH, Urteile vom 9. März 2005, VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313, 316 f.; vom 21. Juni 2016, VI ZR 403/14, VersR 2016, 1194; vom 29. Juni 2016, VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015; Beschluss vom 10. Mai 2016, VIII ZR 214/15, NJW-RR 2016, 982).

BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2016 – VIII ZR 300/15

Kündigung durch GbR und Anbietpflicht

Eine teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann sich in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter oder dessen Angehörigen berufen (Fortführung von Senat, Urteile vom 27. Juni 2007, VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 15; vom 16. Juli 2009, VIII ZR 231/08, NJW 2009, 2738 Rn. 13 f. und vom 23. November 2011, VIII ZR 74/11, NJW-RR 2012, 237 Rn. 23).

a) Der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter hat im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dem Mieter eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern sich diese im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet (Bestätigung von Senat, Urteile vom 9. Juli 2003, VIII ZR 276/02, NJW 2003, 2604 unter II 2, sowie VIII ZR 311/02, WuM 2003, 463 unter II 1; vom 9. November 2005, VIII ZR 339/04, BGHZ 165, 75, 79; vom 4. Juni 2008, VIII ZR 292/07, NJW 2009, 1141 Rn. 12; vom 13. Oktober 2010, VIII ZR 78/10, NJW 2010, 3775 Rn. 14 und vom 21. Dezember 2011, VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn. 24).

b) Die Verletzung dieser Anbietpflicht hat jedoch nicht zur Folge, dass die berechtigt ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nachträglich rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam wird. Sie zieht lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz in Geld nach sich (insoweit Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; zuletzt Urteil vom 21. Dezember 2011, VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341).

BGH, Urteil vom 14. Dezember 2016 – VIII ZR 232/15

Kündigung wegen Berufsbedarfs

a) Die Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung (Senatsbeschluss vom 20. Juli 2016, VIII ZR 238/15, WuM 2016, 682 Rn. 9). Sie erfordert vielmehr eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls (Bestätigung von Senatsurteile vom 9. Mai 2012, VIII ZR 238/11, NJW 2012, 2342 Rn. 10; vom 26. September 2012, VIII ZR 330/11, NJW 2013, 225 Rn. 12 und Senatsbeschluss vom 20. Juli 2016, VIII ZR 238/15, aaO).

b) Dies gilt auch für die Geltendmachung eines Berufs- oder Geschäftsbedarfs. Es ist nicht zulässig, eine solche Fallgestaltung als ungeschriebene weitere Kategorie eines typischerweise anzuerkennenden Vermieterinteresses an der Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses zu behandeln und von einer an den Einzelfallumständen ausgerichteten Abwägung der beiderseitigen Belange abzusehen.

c) Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ist allerdings im Hinblick auf die vom Gesetzgeber zum Schutz des Mieters eigens geschaffene Härteregelung des § 574 BGB zu beachten, dass die besonderen Belange des Mieters im Einzelfall (individuelle Härte) erst auf Widerspruch des Mieters und nicht schon bei der Abwägung der gegenseitigen Belange im Rahmen der Beurteilung, ob ein berechtigtes Interesse für die Kündigung vorliegt, zu berücksichtigen sind. Auf Seiten des Mieters sind daher – anders als bei den Vermieterinteressen, die vollständig einzufließen haben – (nur) die unabhängig von seiner konkreten Situation bestehenden Belange in die Abwägung einzustellen, also das generell bestehende Interesse, die Wohnung und damit den Lebensmittelpunkt nicht zu verlieren und nicht mit den unbeträchtlichen Kosten und anderen erheblichen Unzuträglichkeiten belastet zu werden, die ein Wohnungswechsel in der Regel mit sich bringt (Bestätigung und Fortführung von Senatsurteil vom 26. September 2012, VIII ZR 330/11, NJW 2013, 225 Rn. 18).

d) Für die Bestimmung des berechtigten Interesses haben die Gerichte weiter zu beachten, dass sowohl die Rechtsposition des Vermieters als auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind (BVerfG, 26. Mai 1993, 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1, 6 ff.; BVerfG, 28. März 2000, 1 BvR 1460/99, NJW 2000, 2658, 2659; BVerfG, 16. Januar 2004, 1 BvR 2285/03, NJW-RR 2004, 440, 441 und BVerfG, 4 April 2011, 1 BvR 1803/08, NZM 2011, 479 Rn. 29). Vom Schutzbereich der verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsgarantie des Vermieters ist dabei nicht nur dessen Wunsch erfasst, die Wohnung zu privaten Zwecken zu nutzen, sondern auch dessen Absicht, sie für eine wirtschaftliche Betätigung zu verwenden (im Anschluss an BVerfG, 14. Februar 1989, 1 BvR 1131/87, BVerfGE 79, 283, 289 [„Grundlage privater und unternehmerischer Initiative“] und BVerfG, 4. Juni 1998, 1 BvR 1575/94, NJW 1998, 2662 [„wirtschaftliche Betätigung“]).

e) Neben der Eigentumsgarantie kommt den Grundrechten der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und dem Grundrechts auf Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) regelmäßig keine selbständige Bedeutung zu (insoweit Aufgabe von Senatsbeschluss vom 5. Oktober 2005, VIII ZR 127/05, NZM 2005, 943, 944, und Senatsurteil vom 26. September 2012, VIII ZR 330/11, NJW 2013, 225 Rn. 16).

f) Auch wenn sich allgemein verbindliche Betrachtungen hinsichtlich der vorzunehmenden Einzelfallabwägung verbieten, ist zu beachten, dass die typisierten Regeltatbestände des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB einen ersten Anhalt für die erforderliche Interessenbewertung und -abwägung geben. Das Interesse des Vermieters, die betreffende Wohnung zu (frei-)beruflichen oder gewerblichen Zwecken selbst zu nutzen, ist von der Interessenlage her regelmäßig zwischen den typisierten Regeltatbeständen des Eigenbedarfs und der wirtschaftlichen Verwertung anzusiedeln. Auch insoweit verbietet sich zwar eine Festlegung allgemein verbindlicher Grundsätze. Es lassen sich jedoch anhand bestimmter Fallgruppen grobe Leitlinien bilden.

g) So weist der Entschluss eines Vermieters, die Mietwohnung nicht nur zu Wohnzwecken zu beziehen, sondern dort zugleich überwiegend einer geschäftlichen Tätigkeit nachzugehen (sog. Mischnutzung), eine größere Nähe zum Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf, da er in solchen Fallgestaltungen in der Wohnung auch einen persönlichen Lebensmittelpunkt begründen will. In diesen Fällen wird es regelmäßig ausreichen, dass dem Vermieter bei verwehrtem Bezug ein beachtenswerter Nachteil entstünde, was bei einer auf nachvollziehbaren und vernünftigen Erwägungen der Lebens- und Berufsplanung des Vermieters häufig der Fall sein dürfte. Entsprechendes gilt, wenn die Mischnutzung durch den Ehegatten oder Lebenspartner des Vermieters erfolgen soll.

h) Dagegen weisen Fälle, in denen der Vermieter oder sein Ehegatte/Lebenspartner die Wohnung ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen möchte, eine größere Nähe zur Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB auf. Angesichts des Umstands, dass der Mieter allein aus geschäftlich motivierten Gründen von seinem räumlichen Lebensmittelpunkt verdrängt werden soll, muss der Fortbestand des Wohnraummietverhältnisses für den Vermieter einen Nachteil von einigem Gewicht darstellen, was etwa dann anzunehmen sein kann, wenn die geschäftliche Tätigkeit andernfalls nicht rentabel durchgeführt werden könnte oder die konkrete Lebensgestaltung die Nutzung der Mietwohnung erfordert (z.B. gesundheitliche Einschränkungen, Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen).

BGH, Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 45/16

Abwägung der gegenseitigen Interessen

a) Aus dem Umstand, dass der generalklauselartige Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB den in Absatz 2 dieser Vorschrift beispielhaft genannten Kündigungsgründen gleichgewichtig ist, folgt nicht, dass bestimmte – in Absatz 2 nicht aufgezählte – Fallgruppen eines Vermieterbedarfs von vornherein ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses begründeten (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2017, VIII ZR 45/16, Rn. 24, BGHZ 214, 269).

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, erfordert vielmehr eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und eine umfassende Abwägung der gegenseitigen Belange (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2017, VIII ZR 45/16, aaO Rn. 35). Auch ein von einem Vermieter verfolgtes gemeinnütziges, vornehmlich ein karitatives, Nutzungsinteresse kann im Einzelfall ein Gewicht erreichen, das es rechtfertigt, trotz der hiermit für den Mieter verbundenen Nachteile dem Erlangungsinteresse des Vermieters den Vorzug zu geben.

c) Bei der gebotenen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Rechtsposition des Vermieters als auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2017, VIII ZR 45/16, aaO Rn. 25; BVerfG, 26. Mai 1993, 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1; BVerfG, 28. März 2000, 1 BvR 1460/99, NJW 2000, 2658; BVerfG, 16. Januar 2004, 1 BvR 2285/03, NJW-RR 2004, 440 und BVerfG, 4. April 2011, 1 BvR 1803/08, NZM 2011, 479). Vom Schutzbereich der verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsgarantie des Vermieters ist dabei nicht nur dessen Wunsch erfasst, die Wohnung zu privaten Zwecken zu nutzen, sondern auch dessen Absicht, sie für andere Vorhaben, insbesondere für eine wirtschaftliche Betätigung, zu verwenden (im Anschluss an BVerfG, 14. Februar 1989, 1 BvR 1131/87, BVerfGE 79, 283, 289 [„Grundlage privater und unternehmerischer Initiative“] und BVerfG, 4. Juni 1998, 1 BvR 1575/94, NJW 1998, 2662 [„wirtschaftliche Betätigung“]).

d) Bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen im Rahmen der Beurteilung, ob ein berechtigtes Interesse für die Kündigung vorliegt, sind im Hinblick auf die vom Gesetzgeber eigens geschaffene Härteregelung des § 574 BGB auf Seiten des Mieters allerdings – im Gegensatz zu den Vermieterinteressen, die vollständig einzufließen haben – (nur) die unabhängig von seiner konkreten Situation bestehenden Belange in die Abwägung einzustellen, also das generell bestehende Interesse, die Wohnung und damit den Lebensmittelpunkt nicht zu verlieren und nicht mit den unbeträchtlichen Kosten und anderen erheblichen Unzuträglichkeiten belastet zu werden, die ein Wohnungswechsel in der Regel mit sich bringt. Die besonderen Belange des Mieters im Einzelfall (individuelle Härte) sind erst auf Widerspruch des Mieters im Rahmen der Beurteilung, ob der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann, zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2017, VIII ZR 45/16, aaO Rn. 49 mwN).

e) Auch wenn sich allgemein verbindliche Betrachtungen hinsichtlich der vorzunehmenden Einzelfallabwägung verbieten, ist zu beachten, dass die typisierten Regeltatbestände des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB einen ersten Anhalt für die erforderliche Interessenbewertung und -abwägung geben. Die Anforderungen an das Vorliegen eines berechtigten Erlangungsinteresses des Vermieters hängen daher davon ab, ob der geltend gemachte Kündigungsgrund eine größere Nähe zum Eigenbedarfstatbestand oder zum Tatbestand der Verwertungskündigung aufweist (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2017, VIII ZR 45/16, aaO Rn. 38 ff.).

BGH, Urteil vom 10. Mai 2017 – VIII ZR 292/15

Verwertungskündigung

a) Die Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB setzt einen erheblichen Nachteil beim Vermieter selbst voraus; ein Nachteil bei einer mit der vermietenden Gesellschaft persönlich und wirtschaftlichen verbundenen „Schwestergesellschaft“ reicht insoweit nicht aus.

b) Zum Erfordernis einer konkreten Darlegung eines „erheblichen Nachteils“ des Vermieters bei der Verwertungskündigung.

BGH, Urteil vom 27. September 2017 – VIII ZR 243/16

Sperrfrist bei Erwerb durch GbR

a) Die Kündigungsbeschränkung nach § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB erfordert nicht, dass zusätzlich zu den im Tatbestand dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen – hier die nach der Überlassung an den Mieter erfolgte Veräußerung des vermieteten Wohnraums an eine Personengesellschaft (§ 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB) – an dem vermieteten Wohnraum Wohnungseigentum begründet worden ist oder der Erwerber zumindest die Absicht hat, eine solche Wohnungsumwandlung vorzunehmen.

b) Diese Auslegung des § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB verstößt weder gegen die verfassungsrechtlich geschützten Rechte des Vermieters gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 14 GG noch gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

BGH, Urteil vom 21. März 2018 – VIII ZR 104/17

Vertraglich vereinbarter Kündigungsausschluss

Zur Zulässigkeit eines individualvertraglich vereinbarten dauerhaften Kündigungsausschlusses.

BGH, Beschluss vom 8. Mai2018 -VIII ZR 200/17

Kaufvertraglich vereinbarter Kündigungsausschluss

Bei der in einem Kaufvertrag des Vermieters über ein Hausgrundstück enthaltenen Vereinbarung, wonach der Mieter einer Wohnung des Hauses ein lebenslanges Wohnrecht haben und eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den in den Mietvertrag eintretenden Erwerber ausgeschlossen sein soll, handelt es sich um einen (echten) Vertrag zugunsten Dritter (hier: des Mieters) gemäß § 328 BGB. Der Mieter erwirbt hierdurch unmittelbar das Recht, auf Lebenszeit von dem Käufer die Unterlassung einer ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses zu verlangen.

BGH, Urteil vom 14. November 2018 – VIII ZR 109/18

Abwägung der gegenseitigen Interessen bei Härtefall

Maßgeblicher Zeitpunkt für die nach wirksamem Widerspruch des Mieters gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmende Abwägung der wechselseitigen Interessen von Vermieter und Mieter sowie der sich anschließenden Beurteilung, ob, beziehungsweise für welchen Zeitraum das durch wirksame ordentliche Kündigung nach § 573 BGB beendete Mietverhältnis nach § 574a BGB fortzusetzen ist, ist der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.

BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 167/17

Abwägung der gegenseitigen Interessen bei Härtefall

a) Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses setzt nicht voraus, dass die auf Seiten des Mieters bestehende Härte die Interessen des Vermieters deutlich überwiegt. Maßgebend ist allein, ob sich ein Übergewicht der Belange der Mieterseite feststellen lässt, also die Interessenabwägung zu einem klaren Ergebnis führt.

b) Da sich ein hohes Alter eines Mieters und/oder eine lange Mietdauer mit einer damit einhergehenden langjährigen Verwurzelung im bisherigen Umfeld je nach Persönlichkeit und körperlicher sowie psychischer Verfassung des Mieters unterschiedlich stark auswirken können, rechtfertigen diese Umstände ohne weitere Feststellungen zu den sich hieraus ergebenden Folgen im Falle eines erzwungenen Wohnungswechsels grundsätzlich noch keine Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Kommen zu diesen Umständen Erkrankungen hinzu (hier Demenz gemischter Genese), aufgrund derer beim Mieter im Falle seines Herauslösens aus seiner näheren Umgebung eine – nach ihrem Grad nicht näher festgestellte – Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands zu erwarten steht, kann dies in der Gesamtschau zu einer Härte führen. Wenn der gesundheitliche Zustand des Mieters einen Umzug nicht zulässt oder im Falle eines Wohnungswechsels zumindest die ernsthafte Gefahr einer erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des (schwer) erkrankten Mieters besteht, kann sogar allein dies einen Härtegrund darstellen (Bestätigung von Senatsurteil vom 16. Oktober 2013 – VIII ZR 57/13, NJW-RR 2014, 78 Rn. 20).

c) Werden von dem Mieter für den Fall eines erzwungenen Wohnungswechsels substantiiert ihm drohende schwerwiegende Gesundheitsgefahren geltend gemacht, haben sich die Tatsacheninstanzen beim Fehlen eigener Sachkunde regelmäßig mittels sachverständiger Hilfe ein genaues und nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon zu verschaffen, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen mit einem Umzug verbunden sind, insbesondere welchen Schweregrad zu erwartende Gesundheitsbeeinträchtigungen voraussichtlich erreichen werden und mit welcher Wahrscheinlichkeit dies eintreten kann (Bestätigung von Senatsurteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 270/15, NJW 2017, 1474 Rn. 24, 29).

d) Bei der Bewertung und Gewichtung der widerstreitenden Interessen beider Parteien im Rahmen der nach § 574 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung ist den Wertentscheidungen Rechnung zu tragen, die in den für sie streitenden Grundrechten zum Ausdruck kommen. Dabei haben die Gerichte zu berücksichtigen, dass bezüglich der Anwendung und Auslegung des Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB einerseits und der Sozialklausel des § 574 BGB andererseits dieselben verfassungsrechtlichen Maßstäbe gelten (im Anschluss an BVerfG vom 20. Mai 1999 – 1 BvR 29/99, NJW-RR 1999, 1097 und vom 4. August 1993 – 1 BvR 541/93, NJW-RR 1993, 1358), so dass auch im Rahmen der Vorschrift des § 574 BGB die vom Vermieter beabsichtigte Lebensplanung grundsätzlich zu respektieren und der Rechtsfindung zugrunde zu legen ist (im Anschluss an BVerfG vom 8. Januar 1985 – 1 BvR 792/83, BVerfGE 68, 361, 373 f.; 79, 292, 304 f.; BVerfG vom 11. November 1993 – 1 BvR 696/93, NJW 1994, 309, 310 und vom 20. Februar 1995 – 1 BvR 665/94, NJW 1995, 1480, 1481).

Diesen Vorgaben werden die Gerichte nicht gerecht, wenn sie (wie das Berufungsgericht) dem Vermieter, der die Mietwohnung zum Zwecke der Selbstnutzung erworben hat, bei der Gewichtung und Abwägung der gegenläufigen Belange eine geringere Bedeutung zumessen als bei der Beurteilung, ob dieses Vorgehen einen Eigenbedarf im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB begründet, und einem solchen Nutzungswunsch einen geringeren Stellenwert als einem Eigenbedarf des ursprünglichen Vermieters zuweisen.

e) Im Rahmen der Interessenabwägung haben die Gerichte nicht nur die Lebensplanung des Vermieters zu respektieren, sondern dürfen auch bezüglich der Interessen des Mieters ihre Vorstellungen über den einzuschlagenden Weg nicht an dessen Stelle setzen (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 1994 – 1 BvR 2067/93, juris Rn. 4 f.). Dies gilt insbesondere dann, wenn es um das Schicksal älterer Personen geht.

f) Die Abwägung der gegenläufigen Interessen hat sich stets an den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls auszurichten. Dabei kommt weder den Belangen des Vermieters noch den Interessen des Mieters von vornherein ein größeres Gewicht zu als denen der Gegenseite. Aus diesen Gründen ist es (anders als das Berufungsgericht annimmt) nicht zulässig, Kategorien zu bilden, in denen generell die Interessen einer Seite überwiegen (hier: Selbstnutzungswunsch des Erwerbers einer vermieteten Wohnung einerseits; nach langer Mietdauer eintretender Eigenbedarf des ursprünglichen Vermieters andererseits).

[g)] Der Härtegrund des zu zumutbaren Bedingungen nicht zu beschaffenden Ersatzwohnraums ist nicht bereits dann gegeben, wenn im Gemeindegebiet gerichtsbekannt eine angespannte Wohnlage herrscht, die auch zum Erlass von diesem Umstand Rechnung tragenden Verordnungen geführt hat. Eine festgestellte und/oder in Verordnungen zugrunde gelegte angespannte Wohnlage kann allenfalls ein gewisses Indiz für das Vorliegen eines Härtegrunds nach § 574 Abs. 2 BGB darstellen, das in Verbindung mit substantiiertem (unstreitigem oder nachgewiesenem) Parteivortrag zu konkret ergriffenen Maßnahmen zu der tatrichterlichen Überzeugung führen kann, dass angemessener Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen für den Mieter (und seine Familien- oder Haushaltsangehörigen) nicht zu erlangen ist.

[h)] Wenn auf Seiten des Vermieters dringender Wohnbedarf besteht, haben die Gerichte im Falle eines Überwiegens der Mieterinteressen im Rahmen der von ihnen zu treffenden Ermessensentscheidung sorgfältig zu prüfen, ob eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit angeordnet werden soll.

[i)] Macht ein Mieter unter Vorlage eines ärztlichen Attests geltend, ihm sei ein Umzug wegen einer schweren Erkrankung nicht zuzumuten, ist im Falle des Bestreitens dieses Vortrags regelmäßig die – beim Fehlen eines entsprechenden Beweisantritts von Amts wegen vorzunehmende – Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der beschriebenen Erkrankung auf die Lebensführung des betroffenen Mieters im Allgemeinen und im Falle des Verlusts der vertrauten Umgebung erforderlich (Bestätigung und Fortentwicklung von Senatsurteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 270/15, aaO Rn. 29).

[j)] Vom Mieter ist als medizinischen Laien über die Vorlage eines solchen (ausführlichen) fachärztlichen Attests hinaus nicht zu verlangen, noch weitere – meist nur durch einen Gutachter zu liefernde – Angaben zu den gesundheitlichen Folgen, insbesondere zu deren Schwere und zu der Ernsthaftigkeit zu befürchtender gesundheitlicher Nachteile zu tätigen (im Anschluss an BVerfG vom 12. Februar 1993 – 2 BvR 2077/92, NJW-RR 1993, 463).

BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 180/18

Abwägung der gegenseitigen Interessen bei Härtefall
[a)] Der Härtegrund des zu zumutbaren Bedingungen nicht zu beschaffenden Ersatzwohnraums setzt konkrete tatrichterliche Feststellungen voraus, welcher Ersatzwohnraum für den Mieter nach seinen finanziellen und persönlichen Verhältnissen angemessen ist, welche Bemühungen von dem Mieter nach diesen Verhältnissen anzustellen sind und ob er diesen Anstrengungen genügt hat (im Anschluss an Senatsurteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 180/18, NJW 2019, 2765 Rn. 50, 53, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

[b)] Bei der Bewertung und Gewichtung der widerstreitenden Interessen beider Parteien im Rahmen der nach § 574 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung ist den Wertentscheidungen Rechnung zu tragen, die in den für sie streitenden Grundrechten zum Ausdruck kommen. Dabei haben die Gerichte zu berücksichtigen, dass bezüglich der Anwendung und Auslegung des Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB einerseits und der Sozialklausel andererseits dieselben verfassungsrechtlichen Maßstäbe gelten. Auch im Rahmen des § 574 Abs. 1 BGB ist daher die vom Vermieter beabsichtigte Lebensplanung grundsätzlich zu respektieren und der Rechtsfindung zugrunde zu legen (im Anschluss an Senatsurteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 180/18, aaO Rn. 60 mwN). Zugleich haben die Gerichte aber auch die volle Bedeutung und Tragweite des Bestandsinteresses des Mieters zu erfassen und zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 180/18, aaO Rn. 62 mwN).

BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019 – VIII ZR 144/19

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